Montag, 10.05. 2021
Neuer Beitrag

„Es ist ein verbreitetes Klischee zu glauben, Kinder mögen Pipapo“

Die Fachreferentin Stephanie Fromme blickt auf zehn Jahre Zertifizierung des DGE-Qualitätsstandards in den Kitas der Stadt Wiesbaden zurück.

Copyright: Kita Wiesbaden

Wie wurde Ihr Haus auf den DGE-Qualitätsstandard aufmerksam?
Unser Träger hat sich schon vor 30 Jahren für Frischverpflegung entschieden. Es geht jedoch nicht nur darum, gut und frisch zu kochen, sondern die Küche und was dort passiert als Teil der Bildung zu verstehen. Je höher im Laufe der Zeit die gesetzlichen Anforderungen in der Verpflegung wurden, desto wichtiger war es uns, diesen Bereich fachlich zusätzlich extern abzusichern. Als der DGE-Qualitätsstandard vor über zehn Jahren eingeführt wurde, erschien uns dies als passendes Instrument. Wir zeigen so mit der FIT KID-Zertifizierung, dass unsere fachliche Arbeit auf einem geprüften Konzept fußt und z. B. auch die Bestimmungen zur Hygiene einbezieht.
Worauf achten Sie bei der Verpflegung in Ihrer Einrichtung besonders?
Verpflegung und Ernährungsbildung sind immer zwei Seiten derselben Medaille: Wenn wir für die Kitamahlzeiten, wo es geht, auf regionale Anbieter und Produkte zurückgreifen, lernen Kinder, woher ihr Essen kommt. Den Kindern bieten wir einen bebilderten Speiseplan. Darunter steht zusätzlich in vielen unserer Kitas ein Schauteller, der die Lebensmittel oder ein Gewürz zum Anfassen zeigt, das im Mittagessen vorkommt. Einige Kitas haben außerdem einen sprechenden Speiseplan: Das Küchenpersonal oder auch ein Kind selbst machen Audioaufnahmen dazu, was es zu essen gibt. Andere Kinder können den Ton per Knopfdruck aktivieren und den Speiseplan abhören. Das ist gelebte Ernährungs- und gleichzeitig Sprachbildung.

Die Entscheidung für die Frischküche war ein Mehraufwand mit zusätzlichen Kosten – wurde das trotzdem sofort akzeptiert?
Der Träger selbst war von dem Ansatz „Vor-Ort-frisch-kochen“ überzeugt – aus gesundheitlichen und pädagogischen Gründen. Unsere heutigen professionellen Produktionsküchen sind Ergebnis einer konsequenten Entwicklung über Jahrzehnte. Natürlich sind Finanzen ein Thema und müssen legitimiert werden. Letztendlich hat aber immer die hohe Qualität vor Ort überzeugt, die sich nicht nur im Essen zeigt. Die Küche wirkt sich auf die gesamte Lebenswelt Kita positiv aus.
Der neue DGE-Qualitätsstandard hat die empfohlene Menge an Fleisch und Wurstwaren weiter reduziert. Wie ist das bei Eltern und Kindern angekommen?

In den Anfängen war das bei Elternabenden eher mal ein Thema. Das hat sich gelegt – durch Informationen, Gewöhnung, aber sicher auch dank des öffentlichen Trends zu weniger Fleisch. Die jetzt im DGE-Qualitätsstandard weiter reduzierte Menge ist für uns keine Herausforderung: Maximal ein Fleischgericht pro Woche ist für uns intern schon etabliert. Einige Kitas bieten sogar nur 1-2 Mal pro Monat ein Fleischgericht an oder verzichten auch ganz darauf.
Sind Vorlieben der Kinder mit den DGE-Qualitätsstandards vereinbar?
Das ist ohne weiteres vereinbar: Der Standard bietet grundsätzlich einen Rahmen, der viel Spielraum lässt. Die Herausforderung liegt auf anderer Ebene. Das vielzitierte Klischee „Kinder lieben PiPaPo“ wird Kindern nicht gerecht. Kinder mögen sicherlich häufig Pizza, Pasta und Pommes – aber sie mögen vieles mehr. Sie müssen nur an die Essensvielfalt herangeführt werden. Was Kinder mögen, ist vor allem erlernt. Was sie über Jahre als Essen angeboten bekommen, prägt ihren Geschmack. In unseren Kitas sind z.B. häufig Fischgerichte ein Lieblingsessen. Natürlich wünschen sich Kinder auch Nudelgerichte, aber ebenso z.B. eine Bohnen- oder Linsensuppe. Kinder und Eltern fragen bei unseren Hauswirtschaftskräften regelmäßig Rezepte nach, weil es so gut schmeckt.
Es geht also darum, Kinder an gutes, frisches Essen in aller Vielfalt zu gewöhnen. Das gelingt in unseren Kitas letztlich deswegen gut, weil die Kinder nicht nur vielschichtig zu Lebensmitteln eine persönliche Beziehung aufbauen, sondern auch zu den Menschen, die für sie kochen und mit ihnen essen.

Mehr dazu auf dem Kongress Öffnet externen Link in neuem FensterIN FORM digital

Die DGE beteiligt sich mit Beiträgen am:
Do, 20. Mai 14-15 Uhr - zur Kitaverpflegung und am
Mi, 19. Mai, 11-12 Uhr – zur Schulverpflegung.